Wiener Lesetest: Jeder Fünfte ist Lese-Risikoschüler

(C) (Clemens Fabry)
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Hoffnungsschimmer neben den abermals schlechten Ergebnissen beim Lesetest: Die Leseförderung für schwache Schüler hilft.

Der heuer zum dritten Mal durchgeführte "Wiener Lesetest" für die rund 31.000 Schüler der vierten und achten Schulstufe hat ähnliche Ergebnisse wie im Vorjahr gebracht. Jeweils rund ein Fünftel der Zehn- bzw. 14-Jährigen gehört zur Gruppe der "Risikoschüler" bzw. schwächsten Leser. Jeweils um die 40 Prozent sind sehr gute bzw. durchschnittliche Leser. Im Volksschulbereich ist die Gruppe der Risikoschüler um zwei Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgegangen, bei den AHS- bzw. Hauptschülern in etwa gleich geblieben, so Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SPÖ) bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Am gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) durchgeführten Lesetest nahmen Ende Februar rund 15.000 Kinder in der vierten Klasse Volksschule und rund 16.000 Kinder in der vierten Klasse AHS-Unterstufe bzw. Hauptschule teil. Außerdem wurden jene rund 2.600 Schüler der ersten Klasse AHS/Hauptschule nachgetestet, die im Vorjahr beim Lesetest in der schwächsten Kompetenzstufe gelandet waren ("Risikoschüler") und in der Zwischenzeit durch unterschiedliche Maßnahmen speziell gefördert wurden.

Je 40 Prozent durchschnittlich und gut

In der vierten Klasse Volksschule erreichten 18,6 Prozent der Schüler nur die Stufe eins und gehören damit zu den schwächsten Lesern. 42,7 Prozent sind durchschnittliche Leser, 38,7 Prozent sehr gute Leser. In der achten Schulstufe befinden sich 22,4 Prozent der Schüler auf der schwächsten Stufe, 39,5 Prozent erreichten durchschnittliche Ergebnisse, 38,2 Prozent sind sehr gute Leser. Damit liegen die Ergebnisse bei den Risikoschülern ähnlich wie bei den internationalen Bildungsvergleichsstudien PISA und PIRLS, wo allerdings jeweils nur Stichproben getestet werden.

Gegenüber 2012 ergibt sich bei den Volksschülern ein Rückgang von zwei Prozentpunkten in der schwächsten Gruppe und ein Anstieg um 2,2 Prozentpunkte in der stärksten. Bei den AHS- bzw. Hauptschülern fällt der Rückgang in der leseschwächsten Gruppe noch stärker aus, ist aber wegen einer geänderten Erhebungsmethode (heuer ohne außerordentliche Schüler und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf) nicht direkt vergleichbar. Stadtschulrat und Bifie gehen von einer konstanten Zahl an schwachen Lesern aus. Diese Gruppe würde "an ganz banalen Dingen scheitern, vielleicht auch im Leben", so Claudia Schreiner, Leiterin des Bifie-Zentrums Salzburg.

Leseförderung zeigt Wirkung

Signifikantestes Ergebnis: Von jenen Kindern, die nach einem schlechten Lesetest 2012 in diesem Schuljahr besondere Förderung erfahren haben, sind mehr als 60 Prozent beim heurigen Nachtest in eine höhere Lesestufe gewechselt. Dies und der Rückgang bei den Risikoschülern in der Volksschule zeige, dass die Leseförderung in Wien greife, so Brandsteidl.

In Wien erhalten die Lehrer im Gegensatz zu den Bildungsstandard-Testungen die Ergebnisse der einzelnen Schüler und können diese in die Noten einfließen lassen. "Wir gehen davon aus, dass Lehrer sich den Lesetest anschauen und die Ergebnisse auch sinnvoll verwenden", so Brandsteidl zur APA. Im Normalfall sollten Risikoschüler nicht mehr in einer AHS landen. Derzeit seien aber immerhin noch zwölf Prozent der leseschwächsten Schüler in der achten Schulstufe in einer AHS zu finden.

"Schlechte Leser finden"

Bei den Bildungsstandards geht Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) einen anderen Weg: Dort werden die Einzelergebnisse nur den Schülern selbst mitgeteilt, Lehrer, Direktoren und Schulbehörden erhalten nur die anonymisierten Werte. Die Resultate sollen nicht zur Förderung einzelner Schüler beitragen, sondern auf Systemebene einen Beitrag zur Qualitätsentwicklung an den Schulen leisten.

"Wir wollen die schlechten Leser finden - und fördern", so Brandsteidl. "Es gibt manche Sachen, wo der Durchschnitt nichts bringt. Wenn Sie einen Marathon in zwei Stunden laufen und ich in sechs, sagen die durchschnittlichen vier Stunden weder etwas über Sie noch über mich."

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