Autoren: Die Idealisten hinter den Schulbüchern

Autoren Idealisten hinter Schulbuechern
Autoren Idealisten hinter Schulbuechern(c) Michaela Bruckberger
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Schulbücher sind in Österreich ein gutes Geschäft, allerdings weniger für die Autoren als für die Verlage. Erstere sind dennoch mit Leib und Seele dabei. Immerhin geht es ihnen um höhere Werte.

Um ein Schulbuch zu schreiben, braucht es ein gewisses Maß an Idealismus. Und manchmal auch eine Einladung zum Fischessen. Zumindest wurde Christian Fridrich von seiner Lektorin auf diesem Weg dazu überredet, sich noch einmal als Schulbuchautor zu versuchen. „Ich habe das vor 20 Jahren gemacht. Damals habe ich für Westermann ein Schulbuch geschrieben. Das war aber zu viel Zeitaufwand für das bisschen Ertrag“, sagt Fridrich, der an der Pädagogischen Hochschule als Professor für Geografie und Wirtschaftskunde tätig ist. Er hatte deshalb eigentlich mit dem Thema abgeschlossen.

Bis vor etwa fünf Jahren eine Lektorin vom Österreichischen Bundesverlag (ÖBV) an ihn herangetreten ist, um ein neues Buch zu produzieren. Fridrich ließ sich etwas bitten – „sie hat mich zum Fischessen eingeladen“, sagt er und kichert wie ein Schulbub, der etwas angestellt hat – und stellte eine Bedingung auf: mehr Mitspracherecht, inhaltlich wie auch bei der Auswahl des Teams. Der Niederösterreicher dürfte das nicht bereut haben. Spricht er über seine Schulbuchreihe „unterwegs“ – die durchaus erfolgreich ist – gerät er ins Schwärmen. „Schulbücher sind die heimlichen Lehrpläne. Dadurch hat man eine große Verantwortung, weil viele Lehrer sich streng daran halten.“

Streng geprüft, aber unaktuell

Bis es so weit ist, dauert es aber ein paar Jahre. „Am 15. Oktober müssen die Schulbücher dem Bundesministerium zur Approbation vorgelegt werden. Dort wird geprüft, ob das Buch dem Lehrplan entspricht und in die Schulbuchliste aufgenommen wird. Gekauft können die Bücher aber frühestens 2013/2014 werden“, sagt Jens Kapitzky, Geschäftsführer des ÖBV. Bis der Verlag Feedback vom Unterrichtsministerium erhält, vergehen im Schnitt vier bis sechs Monate. Sollte das Buch nicht den Ansprüchen der Behörde entsprechen, kann es erneut vorgelegt werden. Allein aus finanziellen Gründen sind nicht mehr als zwei Wiedervorlagen üblich.

Im darauf folgenden Herbst wird das Buch dann den Schulen vorgelegt und auf Messen präsentiert. Die Lehrer entscheiden, welches Buch sie verwenden möchten. Bis Ende April des Folgejahres – im aktuellen Fall wäre das 2013 – müssen die Schulen ihre Bestellung abgeben. „Das ist in Österreich einzigartig. Wir kennen also die Nachfrage, dadurch fällt das Risiko weg, zu viel zu produzieren“, sagt Manfred Meraner, Geschäftsführer des Linzer Verlags Veritas. Aktualisiert werden die Bücher je nach Notwendigkeit, im Schnitt alle vier Jahre. Hat ein Buch einmal eine Genehmigung, ist diese unbefristet. Lediglich bei neuen Lehrplänen muss erneut eingereicht werden.

Generell sind die Verlage mit der österreichischen Schulbuchaktion, die noch aus der Ära Kreisky stammt, recht zufrieden. In anderen europäischen Ländern ist es nicht üblich, dass jedes Kind jährlich ein neues Buch erhält. Aktueller sind die Bücher dort aber ebenfalls nicht. „In Norwegen etwa gibt es keine Genehmigungsverfahren, schneller geht es dadurch aber auch nicht. Dort braucht ein Schulbuch auch drei bis fünf Jahre“, sagt Meraner.

In Österreich gibt es rund 80 Verlage, die Schulbücher anbieten, darunter viele kleine. Das Geschäft dürfte gut laufen. „Von einem literarischen Bestseller werden in Österreich 3000 bis 5000 Stück verkauft. Bei einem Schulbuchverlag sind 5000 Stück aber nicht viel“, sagt Meraner. Veritas verkauft von seinen Schulbuch-Bestsellern an die 60.000 Stück, wenn auch zu niedrigeren Preisen. Diese werden ebenso wie das Budget pro Fach und Stufe vom Ministerium festgelegt. „Ein Buch für die Volksschule kostet etwa vier Euro, ein Buch für die AHS-Oberstufe 25 Euro“, sagt ÖBV-Chef Kapitzky.

Viel Arbeit, kaum Geld

Für den Autor selbst bleibt da nicht viel übrig. „Der Anteil liegt bei 6,7 Prozent. Wegen des Geldes braucht man nicht mit dem Schreiben anfangen, ein gewisser Idealismus ist absolut notwendig“, ist Christa Blumenschein überzeugt. Die Linzer Volksschullehrerin hat in den letzten vier Jahren an ihrem Buch „Sprachlichter“ (Veritas) gearbeitet, verdient hat sie aber noch nichts daran.

Immerhin werden die Bücher erst in diesem Schuljahr eingesetzt. Für die Arbeit an dem Buch hat sie ihre Freizeit geopfert, womit sie nicht die Ausnahme ist. „Ich kenne in Österreich keinen Schulbuchautor, der davon leben kann. Fast alle sind auch Lehrer oder sonst irgendwie in der Bildung tätig“, sagt Meraner.

Blumenschein hat ihrem Verlag gleich zwei Bücher, also je ein Band für die zweite und dritte Klasse, vorgelegt. Was durchaus nicht unüblich ist, immerhin sind doch die meisten Lehrer daran interessiert, durchgängig eine Reihe zu verwenden. Können bei der Präsentation gleich mehrere Bände vorgelegt werden, macht das die Entscheidung leichter.

Blumenschein ist eher durch Zufall, genau genommen über eine Bekannte, auf Veritas gestoßen. „Die haben Autoren für eine Deutschreihe gesucht. Es ist schon ein Kindheitstraum von mir, einmal ein Buch für Kinder zu schreiben. Jetzt ist dieser Wunsch in Erfüllung gegangen“, so die 39-Jährige. Sie sei „überwältigt von dem Gefühl, dass 15.000 Kinder mit meinem Buch Deutsch lernen“. Ebenso wie Fridrich will sie mit ihrem Schulbuch „etwas bewegen und mitgestalten“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2011)

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